Aus Anlass des bevorstehenden 800-jährigen Jubiläums des Wiener Dominikanerklosters widmet sich von 16. bis 18. Mai 2024 eine Tagung der Geschichte des Konvents und nimmt dabei in besonderer Weise auch das kunsthistorische Erbe desselben in den Blick. Unter dem Titel „Wortgewandt, kunstsinnig und standhaft – 800 Jahre Dominikaner in Wien“ werden sowohl Etappen und Episoden des vielschichtigen Wirkens der Dominikaner als Gelehrte, Seelsorger und Diplomaten in den Blick genommen als auch die neuesten Erkenntnisse aus der jüngsten Kirchenrestaurierung und den Inventarisierungen von Bibliothek, Archiv und Kunstsammlung präsentiert.
Hier gibt es das Plakat zur Veranstaltung zum Download
Das Dominikanerkloster Wien lädt gemeinsam mit dem Historischen Institut der Dominikaner in Rom, dem Institut für Historische Theologie, Fachbereich Kirchengeschichte, und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ein.
Die Veranstalter richten sich mit der Tagung an ein breites Publikum. So ist das „Fünfte Isnard Wilhelm Frank Kolloquium“ als wissenschaftliches Vortrags- und Präsentationsevent angelegt, bei dem nicht nur Expertinnen und Experten aus unterschiedlichsten Fachrichtungen zu Wort kommen und Wissens- wie Staunenswertes über das Wirken der Dominikaner und den Wiener Konvent im Spiegel der Zeit erörtern. Vielmehr werden dem interessierten Publikum zudem bei freiem Eintritt – mit dem Fokus auf Kunst, Kultur und Dokumentation – auch bedeutende Kunst- und Kulturgüter an ihrer historischen Heimstätte sachkundig vorgestellt. Die Tagung ist aufgeteilt in einen (ordens-)historischen und einen kunsthistorischen Teil.
Ort: Dominikanerkonvent S. Maria Rotunda, Thomassaal, Postgasse 4, 1010 Wien
Anmeldung: Kontakt sowie Anmeldung (erbeten bis 10. Mai 2024): presse@dominikaner.org
Programm
Donnerstag, 16. Mai 2024 – Kunstgeschichte
09.00-09.15: Eröffnung
09.15-09.45: Armand Tif / Des Kaisers Kloster, des Klosters Kaiser. Ein kunsthistorischer Überblick voller Desiderate.
09.45-10.15: Katharina Hranitzky / Aus Kloster, Stadt und ferneren Gegenden: Die illuminierten Handschriften und die Einbandfragmente der Wiener Dominikanerbibliothek. Entdeckungen und neue Erkenntnisse
Pause
11.00-11.30: Regina Cermann / Drei Schlaglichter auf (ehem.) Bestände der Wiener Dominikanerbibliothek: Ein neuer Textzeuge der Historienbibel IIIa, ein verlorener Band mit dem ,Liber Kelile et Dimne‘ sowie Ergänzungen zum Œuvre von Wiener Buchmalern, die bei den Dominikanern vorkommen
11.30-12.00: Barbara Schedl / Zur Baukultur der Wiener Dominikaner im Mittelalter
Mittagspause
15.00-15.30: Carmen Rob-Santer / Mit Brief und Siegel. Zu den Urkunden der Wiener Dominikaner
15.30-16.00: Herbert Karner / S. Maria Rotunda – Ein frühbarocker Neubau
Pause
17.00-18.00: Werner Telesko / Teil 1. Illuminat orbem. Zur Problematik der Deckenmalereien und Kapellenausstattungen in der Wiener Dominikanerkirche / Teil 2. Kuppel und Hochaltar: die historischen Ausstattungen der Dominikanerkirche
Freitag, 17. Mai 2024 – Kirchengeschichte
09.00-09.30: Christian Lackner / Zwischen Stadt und Landesfürsten. Der Wiener Dominikanerkonvent im 13. Jahrhundert
09.30-10.00: Edit Lukács / „Ut femina elegantissima“. Weisheit und Schriftauslegung im Proverbienkommentar von Franz von Retz OP
10.00-10.30: Gabriel Theis OP / Das Ordensstudium der Wiener Dominikaner im Mittelalter
Pause
11.15-11.45: Claudia Heimann / Franz von Retz und die Reform der Provinz Teutonia
11.45-12.15: Thomas Prügl / Konkurrenten und Kollegen. Die Dominikaner im Streit mit dem Wiener Weltklerus um die Mendikantenprivilegien
Mittagspause
14.00-14.30: Christoph Egger / Iste liber est conventus Wiennensis ordinis fratrum predicatorum in Austria. Bücher, die sich heute nicht mehr in der Bibliothek des Wiener Dominikanerklosters befinden
14.30-15.00: Sonja Reisner / Studiosus et librorum cupidus – Die (früh)neuzeitliche Geschichte der Bibliothek des Wiener Dominikanerkonvents vor dem Hintergrund dominikanischer Buchnormen
Pause
15.45-16.15: Christina Traxler / Die Wiener Dominikaner in der Reformationszeit
16.15-16.45: Stefan Seitschek / Dem geistlichen und dynastischen Gedächtnis: Die Wiener Dominikaner als Akteure im höfischen Kirchenjahr um 1700
16.45-17.15: Viliam Štefan Dóci OP / Das Studium generale der Dominikaner in Wien im 17. und 18. Jahrhundert
17.15-17.30: Diskussion
Samstag, 18. Mai 2024 – Kirchengeschichte (Fortsetzung) und Restaurierungen
09.00-09.30: Dries Vanysacker / The Dorminican Pietro Maria Gazzaniga (1722/99) and Monsignor Giuseppe Garampi (1725/92): From philo-jansenistic Reform Catholics to Enlightened Ultramontane defenders of Rome
09.30-10.00: Elias Füllenbach OP / Pater Filippo Guidi OP – ein italienischer Thomist in Wien
Pause
11.00-13.00: Die Restaurierung von Kirche und Konvent: Projektpräsentationen durch Elena Holzhausen (Diözesankonservatorin), Peter Kalsner (Restaurator), Bettina Fischer (Restauratorin)
Konvent S. Maria Rotunda: In vielerlei Hinsicht bedeutsam
Das Wiener Dominikanerkloster, gegründet 1225/1226 unter Herzog Leopold VI., ist einer der wenigen Konvente der Predigerbrüder, die seit ihrer Errichtung in der Frühzeit des Ordens ununterbrochen existieren. Das Kloster war für den Orden in vieler Hinsicht bedeutsam. Im Laufe seiner Geschichte wurden hier vier Generalkapitel abgehalten (1282, 1322, 1388, 1898), v.a. aber war es ein bedeutendes Studienzentrum des Ordens, das Brüder aus verschiedenen Ländern anzog. Damit unterhielt es über Jahrhunderte hinweg einen engen Bezug zur Wiener Universität.
Architektonisch und städtebaulich
Auch architektonisch und städtebaulich setzte das Kloster Akzente. Im Mittelalter bildeten Kirche und Konvent in unmittelbarer Nachbarschaft zur später gegründeten alten Universität einen der größten kirchlichen Baukomplexe der Stadt. 1529 wurde im Zuge der Türkenbelagerung und zur Verstärkung der Stadtmauern ein Teil der gotischen Konventskirche abgetragen. Die Wiederherstellung, wenn auch in ganz anderem Gewand, fand im 17. Jahrhundert statt. An der Stelle des mittelalterlichen Gotteshauses wurde in den Jahren 1631–1634 eine neue Kirche geschaffen, Sancta Maria Rotunda, ein Juwel des Wiener Frühbarocks, das nach einer umfassenden Renovierung seit 2022 in einem neuen Licht erstrahlt.
Predigt und Seelsorge
Trotz der Präsenz des Ordensstudiums und des damit verbundenen akademischen Lebens lag der Schwerpunkt der Dominikaner auf Predigt und Seelsorge, die sich an alle Schichten der Wiener Bevölkerung richtete, Kaiserfamilie und Hof miteingeschlossen. Die Klosterkirche, die lange zuvor schon ein „paraparochiales Kultzentrum“ (I.W. Frank) darstellte, wurde 1783 zur Pfarrkirche erhoben. Seither prägt auch die Pfarre das Konventsleben mit und verankert die Dominikaner in der kirchlichen Landschaft Wiens.
Bezugspunkt in ganz Mitteleuropa
Zur überregionalen Bedeutung des Wiener Klosters als Studienhaus kam hinzu, dass es 1703 zum Sitz des Provinzials der neuen österreichisch-ungarischen Ordensprovinz (Provincia Hungariae) erhoben wurde. Damit blieb Wien der vornehmliche Referenzpunkt für alle Predigerbrüder in Österreich und Ungarn bis 1938; zwischen 1857 und 1905 gehörten auch die dominikanischen Häuser in Böhmen und Mähren zu diesem Ordensverband, der sog. „Reichsprovinz“. In der Gegenwart kommt dem Wiener Konvent aufgrund seiner geographischen Lage erneut die Aufgabe zu, Bezugspunkt für den Dominikanerorden in ganz Mitteleuropa zu sein.
Das Foto ganz oben zeigt einen Ausschnitt aus dem Altarblatt der Kapelle des hl. Dominikus (in der Wiener Dominikanerkirche S. Maria Rotunda) mit der Anbetung der heiligsten Dreifaltigkeit durch die beiden hll. Dominikus und Franziskus (von Tobias Pock, 1655).